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Shibari, Kinbaku, Bondage

Von Shibari zu Kinbaku: Die Kraft der Worte




Ichi Taikan denkt nach

Disclaimer: Persönliche Reflexionen zur Bedeutung von Worten

Bevor wir uns in die tiefen Gewässer der Begrifflichkeiten wie Shibari, Kinbaku, Bondage sowie das Fesseln und Binden vertiefen, möchte ich klarstellen, dass die folgenden Gedanken fest in meinen persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen verankert sind. Sie spiegeln meine individuelle Sichtweise wider und sind eingebettet in eine Welt, in der Worte sowohl verbinden als auch trennen können.
Die Kunst, mit Worten zu malen, birgt eine besondere Verantwortung – besonders, wenn es um Praktiken geht, die so reich an Geschichte, Kultur und persönlicher Bedeutung sind. Ich möchte diesen Artikel als eine Einladung verstanden wissen, gemeinsam mit mir über die Nuancen und Schattierungen nachzudenken, die Worte in unserem Verständnis und unserer Praxis von Shibari, Kinbaku und Bondage einnehmen können.

Fesseln, Binden, und die Kraft der Worte

Fesselung an Schaufensterpuppe

In der Kommunikation mit Außenstehenden verwende ich oft den Begriff „fesseln“. Es ist ein Wort, das im Deutschen weit verbreitet ist und bei dem die meisten Menschen eine Vorstellung haben, was damit gemeint sein könnte.
Doch wenn ich von Fesseln spreche, entsteht in den Köpfen ein Bild, das nur einen Bruchteil dessen umfasst, was für mich die Praxis bedeutet.
Einige kommen damit in eine Vorstellung die Sex und/ oder Gewalt beinhaltet, manche denken dabei an Szenarien, die für sie nicht in Realität umzusetzen sind.
Es kann schwierig sein, die Möglichkeiten zu erkennen, die ein „Fesselerlebnis“ bieten kann, nämlich paradoxerweise „Freiheit vom Alltag“, „raus aus dem Kopf“! Außen Fesseln an, Innen ent-fesseln – so wird es oft beschrieben, von denen, die es probiert haben.
Auf meinen Internetseiten nutze ich vereinzelt den Begriff binden oder Bindung um etwas zu beschreiben, ich versuche dadurch allgemein verständlich zu bleiben, so das auch Menschen die von Shibari noch nichts gehört haben einen guten Einstieg finden können.

Bondage: Eine Brücke und eine Barriere

Bondage Shibari Position

Bondage als Begriff birgt eine Welt voller Facetten und Interpretationen. Für viele mag er Bilder von Lederfesseln und Bettfixierungen heraufbeschwören, eine Vorstellung, die durch populäre Medien und die Verbreitung spezifischer Fetischkulturen geprägt ist. Doch Bondage, in seinem weitesten Sinne, umfasst ein Spektrum, das weit über diese gängige Assoziation hinausgeht. Es kann von der Verwendung einfacher Haushaltsgegenstände bis hin zu ausgefeilten Seiltechniken reichen, die sowohl künstlerische, als auch emotionale Ausdrucksformen darstellen.
In meiner Praxis erfahre ich Bondage als einen Überbegriff, der zahlreiche Formen der Fesselkunst umfasst. Seil-Bondage, oder wie es in spezifischeren Kreisen genannt wird: Shibari. Shibari kann als eine Facette dieses vielschichtigen Universums bezeichnet werden. Diese japanische Fesselkunst hebt sich durch ihre ästhetische Feinheit und die emotionale Tiefe, die sie bei den Beteiligten hervorrufen kann, von anderen Bondage-Formen ab.
Für mich birgt dieser Begriff oft die Gefahr missverstanden zu werden, da es Gedanken in die Köpfe zeichnen kann, die dem was ich meine nicht nahe kommen.

Shibari: Mehr als Muster

Takate Kote Rückseite

In Europa wird Shibari oft als Synonym für die japanische Kunst des erotischen Fesselns verwendet. Doch in Japan selbst trägt das Wort Shibari eine breitere Bedeutung; es steht schlichtweg für das „Binden“ oder „Fesseln“ im Allgemeinen. Ein Japaner könnte also genauso gut von Shibari sprechen, wenn es um das Festzurren von Gepäck oder das Binden von Schuhbändern geht. Diese alltägliche Verwendung des Begriffs in Japan steht im Kontrast zu seiner spezialisierten Bedeutung außerhalb des Landes, wo er spezifisch auf die Fesselung von Menschen, oft in einem erotischen oder künstlerischen Kontext, bezogen wird.

Ich nutze dieses Wort sehr oft und gern, da es in meinem Umfeld und der Shibari-Community in Deutschland gut als das verstanden wird, was es für mich eben auch sein kann.
Ein Fesseln, des Fesselns wegen, ein arbeiten mit Naturseilen aus Jute oder Hanf. Ein Fesseln von Mensch zu Mensch, manchmal auch aus Übungszwecken oder mit künstlerischem Hintergrund ein Fesseln mit Gegenständen.

Kinbaku: Die Essenz meiner Praxis

Kinbaku im Park

In Japan bezeichnet das Wort ‚Kinbaku‘ nicht nur die Kunst des Fesselns, sondern hat eine tiefere Bedeutung, die wörtlich als ‚festes Binden‘ übersetzt wird. Diese Definition unterstreicht den Fokus auf eine straffe und sichere Anwendung der Seile, die sowohl physische als auch emotionale Tiefe hervorrufen kann.

Während ‚Kinbaku‘ in Europa zumeist ein unbekannter Begriff ist, wird er von einigen mit der kunstvollen und emotional tiefgreifenden Praxis des Fesselns von Menschen verbunden.

Für Japaner kann ‚Kinbaku‘ eine tiefere, kulturell verwurzelte Bedeutung haben, die Tradition, Respekt, und zwischenmenschliche Harmonie umfasst.

Kinbaku ist der Begriff, mit dem ich mich am meisten identifiziere, der von mir aber nur sehr selten außerhalb der Shibari-Community verwendet wird. Für mich repräsentiert Kinbaku eine Verbindung, die über die physische Präsenz hinausgeht. Es ist für mich ein spiritueller Austausch, ein Zusammentreffen von Seelen, das nicht notwendigerweise an die Verwendung von Seilen gebunden ist. Ich verwende diesen Begriff mit Bedacht, da er außerhalb eines bestimmten Rahmens missverstanden werden kann.

Ein persönlicher Dialog

Kinbaku Hashira Style

Aus meiner ganz speziellen Sicht würde ich meine Art des Fesselns gerne als Kinbaku bezeichnen, weiß aber, das ich dabei oft missverstanden werden könnte. Was ich auch gerne nutzen würde, ist „tantrisches Shibari“, was vielleicht noch ganz neue Bilder malen kann, aber auch von vielen in die Sex-Ecke gepackt würde. In meinem Blog-Artikel „Shibari und Tantra: Eine Verflechtung von Seilen und Seelen“ kannst Du mehr zu meinen Gedanken dazu erfahren.

Dieser Artikel soll keine definitive Erklärung der genannten Begriffe sein, sondern eine Reflexion meiner persönlichen Reise und der Bedeutungen, die ich diesen Worten zuschreibe. Jeder von uns mag an diese Praktiken mit unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen herangehen. Was für mich Shibari, Kinbaku oder Bondage bedeutet, kann für jemand anderen etwas ganz anderes implizieren.

Ich lade Dich ein, Deine eigene Beziehung zu diesen Worten zu erforschen und zu entdecken. Es ist diese Vielfalt der Interpretationen, die unsere Gemeinschaften reich und dynamisch macht. Lasst uns achtsam sein in der Art, wie wir sprechen und hören – denn in jedem Wort, in jeder Fesslung die wir damit verbinden, liegt eine Welt der Bedeutung.

Was bedeuten diese Begriffe für Dich? Wie formen sie Deine Praxis und Verständnis von Verbindung und Intimität? Ich freue mich auf einen Dialog, der uns alle bereichert und uns neue Perspektiven auf die Kunst des Bindens eröffnet.

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